Das Wasser, das über ihr zusammenschlug, war eiskalt, viel kälter als die Abendluft, durch die sie eben noch gelaufen war. Der Stoß war unerwartet gekommen, keine Geste, kein Laut hatte ihn angekündigt. Ihre Arme ruderten, um sie wieder hinauf, ins Leben, zu befördern. Sie war immer eine gute Schwimmerin gewesen. Die Kälte lähmte sie schlagartig, sog ihr alle Kraft aus dem Körper.
Jenseits der glitzernden Oberfläche, verzerrt von den sich brechenden Lichtstrahlen der Straßenbeleuchtung, sah sie eine Gestalt, die ihr einen rettenden Ast entgegenstreckte. Doch als sie danach griff, war es eben dieser, der sie daran hinderte, aufzutauchen. Wieder und wieder drückte er sie nach unten. Wieder und immer wieder.
Als sie endlich losließ und immer weiter in die Tiefe glitt, bauschte ihr Rock sich um sie wie ein fabelhaftes Tiefseewesen. In einem letzten qualvollen Atemzug füllten sich ihre Lungen mit Elbwasser.
Der Tod durch Ertrinken soll ein sanfter sein, so heißt es. Doch es hat schließlich nie jemand davon berichten können, der ihn wirklich erfahren hat.
Dachte sie.
Und starb.
Erhältlich ab 1. Dezember 2016